Nachruf aus der Schweizerischen Gehörlosen-Zeitung Nr. 2 / 15.1.1959

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Am 9. Dezember 1958 zogen viele, viele Priester, viele Männer und Frauen in Sarnen hinaus auf den Friedhof. Es war eine große Prozession. Der liebe und gute Pfarrer Amstalden ist dort in die geweihte Erde gesenkt worden. Er war unter den Taubstummen des Bündnerlandes ein bekannter Priester. Die lieben Gehörlosen haben in ihm einen treuen und guten Vater und Seelsorger verloren.
Am 21. März 1921 wurde Johann Amstalden in Sarnen geboren. Ganz nahe an der Grenze von Sachseln stand sein Elternhaus. Seine erste heilige Messe feierte der Verstorbene am Neujahrsmorgen 1947. Also im gleichen Jahre, wo unser Landesvater Bruder Klaus heilig gesprochen wurde.
Der Neupriester Johann Amstalden war gesundheitlich immer eine schwächliche Natur. Schon oft und früh hatte Bruder Tod an seine Tür geklopft. Als Johann Amstalden im Priesterseminar sich ausbildete für sein Wirken, da kamen schon verschiedene schwere Krankheiten über ihn. Und als er sein Priesterziel erreichte, da unterbrachen neue Leiden und Operationen sein eifriges Wirken. Eines muss dabei gesagt sein: Hans Amstalden hat Leid und Schmerz aus Gottes Hand angenommen. In froher Ergebung hat er das Kreuz seiner Krankheiten ertragen. In der Leidensschule ist er gereift und zu jener abgeklärten Ruhe gekommen, die ich immer an ihm bewunderte. Und besonders in seinem Sterben durfte ich dies bei ihm bestaunen.
Im Kreuzspital in Chur hat Johann Amstalden sein Priesterwirken angefangen. Dort hat er es auch zu Ende geführt. Die Katholiken von Chur liebten und verehrten den Verstorbenen. Sie haben sein Leben mit dem Heiligen vom Ranft verglichen. Sie haben auch Ähnlichkeiten gefunden an ihm. Die Leute von Chur haben den frommen Priester viel geachtet. Sein Leben war schlicht und einfach. Er hat seine 12 Priesterjahre im Kreuzspital von Chur verlebt.
Dort war er Spiritual (Seelsorger der Spitalschwestern und Kranken). Für dieses Amt hatte er eine eigene Berufsgnade. Da er selber viel zu leiden hatte, konnte er die Nöte der Kranken leichter verstehen. Aber nicht nur das. Dieser Mann brachte noch etwas mehr ans Krankenbett. Er war nicht nur Tröster und Freund. Er war wirklich und ganz Priester. Er war Gesandter und Gesalbter Christi. Das fühlten die Kranken bei seinen Besuchen. Gott allein weiss es, wie viele Seelen er dem göttlichen Meister heimführen durfte!
Spiritual Amstalden war aber auch ein großer Freund der Gehörlosen. Während seiner Krankheit habe ich diesen edlen Priester zweimal besucht. Trotz seines Kreuzes besass er Frohmut und grosses Vertrauen auf Gott. Er dachte viel an seine lieben Schützlinge im grossen Bergkanton. Er betete auch viel für sie. Er wollte auch für sie leiden. Immer sprach er gerne über die Seelsorge der Gehörlosen. Er sprach mit mir viel über seine grosse Sorge der weithin zerstreuten Gehörlosen in Graubünden. Im vergangenen Sommer besuchte ich einige seiner Schäflein bis weit hinauf in den Bergen. Überall fragte man mich: Was macht Herr Pfarrer Amstalden? Wie geht es ihm? - Allerorts rief ich auf zum Gebete. Und jetzt ist er nicht mehr.
Spiritual Amstalden ist heimgegangen. Heim zum Vater im Himmel. Wir neigen uns demütig vor dem Willen Gottes. Denn bei Gott wird dieser gute Seelsorger auch weiter wirken können für die Gehörlosen. Er wird besorgt sein, daß wieder ein guter Seelsorger für die Taubstummen gefunden wird. Wir wollen aber auch im Gebete des guten Seelsorgers Amstalden gedenken. R.I.P.

Emil Brunner, Pfr.